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Ehegattensplitting im Fadenkreuz


SPD-Chef Lars Klingbeil hat dieses Konzept zur Besteuerung von Ehepaaren infrage gestellt. Was sagen die anderen Parteien dazu und wie sieht die sozialethische Perspektive aus?




Autor: Heinrich Wullhorst


Die politische Sommerpause in Berlin hat gerade begonnen, schon zeichnet sich der nächste Streit innerhalb der Ampelkoalition ab. Diesmal geht es um das Ehegattensplitting. Der Begriff beschreibt ein steuerliches Konzept, das in Deutschland bereits 1958 eingeführt wurde. Es betrifft verheiratete Paare, bei denen beide Ehepartner Einkommen erzielen. So soll das steuerliche Ergebnis des Paares optimiert werden, indem das gemeinsame Einkommen auf beide Ehepartner verteilt wird. Statt die Einkommensteuer für jeden Ehepartner einzeln zu berechnen, wird das gemeinsame zu versteuernde Einkommen addiert und durch zwei geteilt. Anschließend wird der Steuersatz angewendet, um die gemeinsame Steuerlast zu ermitteln.


Gegen die klassische Rollenverteilung

Seit seiner gesetzlichen Implementierung ist das Ehegattensplitting immer wieder politischen Diskussionen ausgesetzt. „Wir schaffen endlich das Ehegattensplitting ab. Damit würden wir dem antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt, ein Ende setzen“, erklärte jetzt der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil. Und der Staat spare dabei noch Geld, sagte Klingbeil gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Während sich die Grünen mit diesem Vorschlag wohl gut anfreunden könnten, kam aus der FDP gleich deutlicher Gegenwind. „Das wird nicht kommen in dieser Wahlperiode des Deutschen Bundestages", machte Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner im „Interview der Woche“ von BR24 deutlich. Dazu gebe es keinerlei Absprachen in der Koalition. Die arbeitende Mitte in Deutschland trage bereits hohe Lasten, die nicht noch verstärkt werden dürften.

Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, sieht, wie Klingbeil, den Staat in seiner Zeit-Kolumne als Gewinner einer solchen Reform. Das Ehegattensplitting koste jedes Jahr 20 Milliarden Euro. Fratzscher erwartet eine Steigerung der Erwerbstätigkeit von Frauen. Das ziehe dann steigende Steuereinnahmen nach sich, da mehr Menschen arbeiten würden und die Wirtschaft mehr produzieren könne. Das entlaste die Sozialsysteme, wenn weniger Menschen auf soziale Leistungen angewiesen seien und selbst ein besseres Einkommen erzielen könnten. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, spricht sich für den Beibehalt der Regelung aus und bezieht sich dabei auf den Schutzauftrag des Grundgesetzes für Ehe und Familie. Sie seien das Rückgrat der Gesellschaft. Insofern brauche es eine Stärkung der Institution und nicht eine Schwächung. Der Vize-Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Denis Radtke, nennt den Vorstoß des SPD-Vorsitzenden gar den nächsten Anschlag auf die Mittelschicht. Es sei ein Treppenwitz, dass gerade unter einem sozialdemokratischen Bundeskanzler kleine und mittlere Einkommen die großen Verlierer seien.


Angriff auf den Schutz für Ehe und Familie

Tatsächlich wird in der Forderung nach der Abschaffung des Ehegattensplittings vielfach ein weiterer Angriff auf Ehe und Familie gesehen und der Versuch, die damit verbundenen Werte zu negieren.

So sieht es auch Sylvia Pantel, Geschäftsführerin der Stiftung Familienwerte. „Hände weg vom Ehegattensplitting und Elterngeld“, greift sie gleich zwei aktuelle Planungen aus den Reihen der Ampel an. Die grüne Familienministerin beabsichtige Kürzungen beim Elterngeld, Lars Klingbeil wolle den Ehepaaren ihr wohlverdientes Geld aus der Tasche ziehen. Die Familienpolitik der Ampel entferne sich immer weiter davon, den im Grundgesetz garantierten Schutz von Ehe und Familie ernst zu nehmen. „Die Abschaffung des Ehegattensplittings ist ein weiterer Versuch, die Ehe noch mehr zu schwächen und für den Staat zusätzliche Gelder zu generieren.“ Dabei profitiere der Staat schließlich davon, dass Eheleute eine Verantwortungsgemeinschaft und damit Versorgungs- und Sorgeverpflichtungen eingingen, die auf ein ganzes Leben ausgerichtet seien. „Das Ehegattensplittung ist weder ungerecht noch frauenfeindlich, da vom Ehegattensplitting beide Partner profitieren“, betont Pantel.

Der Sozialethiker Peter Schallenberg erläutert im Gespräch mit der Tagespost die Bedeutung der Ehe für die Katholische Soziallehre. „In der katholischen Kirche unterscheiden wir zwischen der Natur-Ehe und der sakramentalen Ehe. Natur-Ehe meint, dass jeder Mensch von Natur aus danach strebt, sich mit einem Menschen des anderen Geschlechtes dauerhaft und liebevoll und treu zu verbinden.“ Diese Erkenntnis habe letztlich dazu geführt, dass im Konzil von Trient das Ehe-Dekret verabschiedet und die Ehe als eines der sieben Sakramente festgelegt worden sei. In diesem Ehebild zeige sich der Mensch als der Freund des Menschen und eben nicht als der Wolf, der in ständiger Feindschaft mit anderen lebe und bei dem der Staat ständig gefordert sei, das Schlimmste zu verhindern. Die Ehe habe also sozialethisch eine hohe Bedeutung, da in ihr das Personalitätsprinzip abgebildet werde, nach dem eine menschliche Person auf eine andere geneigt und gerichtet sei.


Kein Generalangriff auf die katholische Auffassung

Schallenberg sieht in den Plänen der Ampelkoalition zur Abschaffung des Ehegattensplittings keinen Generalangriff auf die katholische Auffassung der Naturehe. Letztlich gebe es in verschiedenen Ländern unterschiedliche Formen der Förderung von Ehe und Familie. „Unser Staat betrachtet inzwischen die Ehe mehr oder weniger als eine Zugewinn-Gemeinschaft, beziehungsweise eine Lebensgemeinschaft, die dann beiden Partnern ermöglicht, beruflich tätig zu sein“, ergänzt der Theologieprofessor. So werde es beiden Partnern möglich, ihre Talente zu entfalten, sie auf dem Markt der beruflichen Möglichkeiten anzubieten. Letztlich komme es nicht auf das spezielle Modell des Ehegattensplittings an. Von zentraler Bedeutung sei, dass Ehe und Familie eine gute Unterstützung durch den Staat erfahren. Dabei sei gerade in linken politischen Kreisen eine aktive Bevölkerungspolitik in Deutschland immer noch mehr oder weniger verpönt, weil sie in der Debatte immer mit der Nazi-Ideologie, „dem Führer ein Kind zu schenken“, verknüpft werde. Dass aber eine konstruktive Familienförderung auch zu einer Steigerung der Geburtenrate führen könne, sehe man an anderen Ländern. In Ungarn beispielsweise funktioniere die Förderung weniger bürokratisch.

Tatsächlich hat sich die ungarische Regierung bereits im Jahre 2010 das Ziel gesetzt, den Kinderwunsch vieler Familien zu unterstützen. Dabei spielt auch die Vereinbarkeit von Arbeit und Kindererziehung eine große Rolle. Das wird durch ein breites Angebot von Kinderbetreuung, Elternzeit, materieller Unterstützung sowie Steuervorteilen für Familien gewährleistet. Das tragende Prinzip dahinter ist die Erkenntnis, dass die Ehe zwischen Mann und Frau die Grundlage einer funktionierenden Familie bildet, aus der eine Eltern-Kind-Beziehung hervorgeht.

























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