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50 Jahre Geburtenschwund

Vom Umbau einer Gesellschaft, die glaubt auf eigenen Nachwuchs verzichten zu können

Gedanken von unserem Geschäftsführer Karl-Heinz B. van Lier



Putins Krieg gegen die Ukraine und die von Bundeskanzler Scholz ausgerufene Zeitenwende hat die vorherrschenden ideologisch behafteten Denkmuster in der Verteidigungs- und Außenpolitik einer grundlegenden Revision unterworfen. Auch die Demographie bedarf dringend einer Neujustierung, die sich an Realitäten orientiert.

Dass die Wahrnehmung von Realitäten nicht im Politikbereich Demographie angekommen ist, das zeigt, dass das Prinzip der Nachhaltigkeit, das Bestandteil der Klimapolitik ist, auf den Menschen nicht angewandt ist. Wo also bleibt eine nachhaltige Strategie der Politik, die den Bestand des Biotops Familie und die daraus hervorgehenden Kinder als schützens- und unterstützenswert begreift? Ein Blick auf die demografischen Zahlen bestätigt eine dramatische Entwicklung.


Wurden in Deutschland 1964 noch knapp 1,4 Mio. Kinder geboren, so waren es 1972 nur noch etwa die Hälfte. Seit diesem Jahr entwickelten sich die Geburten in kürzester Zeit von einem Geburtenüberschuss zu einem bis heute anhaltenden Geburtenschwund, auch „demografischer Winter“ genannt. Dies führte dazu, dass die Deutschen nicht nur rasch weniger wurden, sondern inzwischen mit Japan die älteste Bevölkerung der Welt sind, gefolgt von Italien, Bulgarien etc. Damit steht heute schon fest: „Die Alterung der Bevölkerung in Deutschland wird sich trotz hoher Nettozuwanderung und gestiegener Geburtenzahlen weiter verstärken“ gleichzeitig wird die Bevölkerung im Erwerbsalter bis 2035 um 4-6 Mio. sinken (Statist. Bundesamt, 2020). Ein derartiger Rückgang der deutschen Bevölkerung schafft einen riesigen Fachkräftemangel, der von unterschiedlichen Instituten auf 3 bis 7,7 Mio. für das Jahr 2030 geschätzt wird. Wobei hier schon eine Nettozuwanderung von 200.000 Ausländern und eine sprunghafte Zunahme von Frauen in der Erwerbstätigkeit eingerechnet wurde. Aber weder die Zuwanderung von 2,4 Mio. Migranten in den Jahren 2015/2016 noch die zu erwartende höhere Zahl von Ukraine-Flüchtlingen, wird den drastische Fachkräftemangel spürbar verringern, zumal Letztere sicherlich nach Kriegsende mehrheitlich wieder ihre zerstörte Heimat aufbauen wollen.


Ohne Kinder wird es einsam


Aber seien wir ehrlich. Das Problem der niedrigen Geburtenzahlen ist keinesfalls nur ein Versäumnis der Politik, sondern liegt gleichermaßen im Verantwortungsbereich der Familien. Schon einem Großteil der Eltern der Babyboomer-Generation fehlte der Mut, ihren Kindern den Wert einer eigenen Familie beizeiten zu vermitteln. Ihnen mangelt es daher an der Einsicht, die Gefahren einer hedonistischen, nur auf Karriere und Gelderwerb ausgerichteten Lebensweise zu erkennen. Fehlende Kinder, bzw. Enkel bedeuten immer auch Stagnation der Familiengeschichte, fehlende Freude und Lebenssinn für die potentiellen Großeltern, für deren Kinder und am Ende für die Gesellschaft in Summe: lähmende Einsamkeit. Deutschland mutiert so zum überdachten Altenheim.


Deutschland: Das Ziel ist im Weg!


Im Unterschied zu anderen Ländern, wie Japan, China, Ungarn, wo massiver Geburtenschwund zu einem Paradigmenwechsel in der Familienpolitik geführt hat, ist in all den Jahren in Deutschland keine politische Strategie erkennbar gewesen, diesen verheerenden Trend in Richtung ausgeglichener Bevölkerungsstruktur umzukehren. Im Gegenteil! Zukunftsvergessen sind die einzigen beiden Lehrstühle Demographie heruntergefahren, aber rund 160 Gender-Lehrstühle eingerichtet worden. Familie überließ man weiterhin „der strukturellen Rücksichtslosigkeit unsrer Gesellschaft“ (Franz-Xaver Kaufmann). Allenfalls Christdemokaten haben Familienpolitik als Instrument verstanden, junge Menschen zur Gründung eigener Familien zu ermutigen. Aber eine bevölkerungsorientierte Familienpolitik ist auch von dieser Seite nicht erkennbar gewesen.


„Demographischer Wandel“, Metapher für Zukunftsvergessenheit


Vielmehr bedienten die beiden Großen Koalitionen das Narrativ des „demographischen Wandels“, das auf die wachsende Lebenserwartung der Menschen gerichtet war, um mit dem euphemistischen Label von der offenkundigen „Krise“ abzulenken. Eine Parlamentsdebatte im Deutschen Bundestag zur Folgenabschätzung eines latenten Geburtenrückgangs und der daraus folgenden Vergreisung einer führenden Wirtschafts- und Kulturnation, hat in all den Jahrzehnten des Reformstaus nicht stattgefunden. Dies ist eine skandalöse Form von Politikversagen, weil es hier mittelbar um die Zukunft eines Volkes geht. Nicht einmal die dringend anstehende Reform des Renten-und Sozialversicherungssystems, das laut Bundesverfassungsgerichtsurteil Kinderlosigkeit begünstigt, haben die zuständigen Parteien in Angriff genommen. Symptomatisch für eine Politik, die nicht explizit auf die Weitergabe des Lebens setzt, zielen die Bestrebungen der Ampel auf die Abschaffung des Paragraph 218, um dann ohne jede Beratung das Selbstbestimmungsrecht der Frau vor den Schutz des ungeborenen Lebens zu stellen.


Ungesteuerte Migration als demographische Chance


Und dennoch wurde schon weit vor 2015, dem Jahr der „Flüchtlingswelle“, in politischen Kreisen die massenhafte Zuwanderung aus Entwicklungsländern als die Antwort auf den hingenommenen Mangel an „Humankapital“ angedacht. Da gab es z.B. den ehemaligen Bundespräsidenten Köhler, der schon 2004 in nicht öffentlicher Runde die Ansicht vertrat, dass unser demographisches Problem eigentlich keines sei, sondern zur Lösung des Weltbevölkerungsproblems beitragen könnte. Und sein späterer Nachfolger im Amt, Gauck, empfahl denn auch seinen Bundesbürgern, sich „von dem Bild der Nation zu lösen, die sehr homogen ist, in der fast alle Menschen Deutsch als Muttersprache haben, überwiegend christlich sind und hellhäutig“. Folgerichtig plädierte er für eine Einwanderung, „auch weil wir durch kulturelle Vielfalt, trotz mancher Schwierigkeiten, die sie mit sich bringen kann, viel gewinnen“ 25.10.2015. Und natürlich waren ähnliche Verlautbarung auch von Merkel zu hören, dievon denen “ sprach, „die schon lange in Deutschland wohnen und denen, die noch nicht so lange hier sind. Und schließlich Bundespräsident Steinmeiers befremdlicher Zuruf an alle Migranten, „dass Deutschland ein Land mit Migrationshintergrund“ sei. Damit beabsichtigte er wohl, das Bild einer modernen, zusehends heterogen, multiethnisch, multireligiös bestimmten Gesellschaft abzurunden, ein didaktisches Bild mit pädagogischem Auftrag, quasi als Vorlage und Grundierung für Drehbücher von Krimis und Spielfilmen im öffentlich- rechtlichen-Rundfunk, die längst die Dekonstruktion der Normalität zum Thema haben.


Vielfalt sticht Homogenität.


Völlig vergessen scheint das Diktum des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Böckenförde, „dass der freiheitliche Staat nur bestehen kann, wenn sich die Freiheit, die er seinen Bürgern gewährt, von innen her, aus der moralischen Substanz des einzelnen und der Homogenität der Gesellschaft reguliert“. Die Homogenität, die noch gestern als Axiom eines freiheitlichen, prosperierenden und wohlhabenden Staates galt, der seines inneren Friedens wegen von aller Welt beneidet wurde, soll nun ersetzt werden durch die Vielfalt, das nicht mehr zu hinterfragende Mantra der neuen Zivilreligion!


Demografiepolitik wird diskussionslos durch Migrationspolitik ersetzt


Aus dem demografischen Wandel wurde denn auch tatsächlich in den Jahren 2015/2016 die Chance, 2,4 Mio. Flüchtlingen überwiegend muslimischen Glaubens aufzunehmen. Die damalige Vorsitzende der Grünen, Göring-Eckart forderte die Bundesregierung auf, die Migranten nicht als Fremde, sondern direkt als Neubürger zu begrüßen.

So bemerkenswert zutreffend der damalige Bundeswirtschaftminister Gabriel die Folgen des demgraphischen Winters beschreibt, so realitätsfern erscheint seine Erwartung, dass der Flüchtlingsstrom die Rettung Deutschlands bewirken könnte: „Deutschland steht ein gewaltiges Experiment bevor, das vor uns noch keine andere Industrienation bestehen musste: wir verlieren bis 2030 um 6 Millionen Arbeitskräfte, weil wir zu wenig Kinder haben. Das ist nicht nur eine Gefahr für die betroffenen Unternehmen - vor allem im Mittelstand und im Handwerk. Sondern es ist eine Gefahr für den Wohlstand der ganzen Gesellschaft. Alternde Gesellschaften wachsen langsamer, sind weniger innovativ und verlieren an wirtschaftlicher Dynamik. Die Zuwanderer, die jetzt kommen, können uns helfen, das wieder zu ändern.“

Der Wirtschaftswissenschaftlers Bernd Raffelhüschen stellte dagegen nüchtern fest, dass die Zuwanderer von 2015/2016 zu 70 Prozent unqualifiziert seien und damit nicht in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden könnten: „Es wird eher eine Integration in die sozialen Sicherungssysteme.“ Auch bei einer Integration in den Arbeitsmarkt innerhalb von sechs Jahren kalkulierte er die „Zusatzkosten für die Sozialsysteme auf langfristig 900 Milliarden Euro.“ Ganz zu schweigen von den gewaltigen Anstrengungen der Politik und der Zivilgesellschaft, bestehende Konfliktfelder der Integration in den Griff zu bekommen.


Ohne Familie ist kein Staat zu machen


Die Politik musste in den letzten Jahren einsehen, dass eine ungeregelte Einwanderung zwar die Bevölkerungszahl stabil hält, aber kaum den Arbeitsmarkt entlastet.

So gehört ein omnipräsenter Fachkräftemangel inzwischen zur DNA Deutschlands. Er bremst nicht nur die Wirtschaft und da vor allem das Handwerk aus, sondern auch den Sozialstaat, das Bildungssystem, überfordert die Justiz und sorgt für ein medizinisches Versorgungsdefizit auf dem Lande. Fehlender Nachwuchs hat inzwischen ganze Landstriche veröden lassen und die Landflucht ausgelöst. Aber auch unsere Kulturlandschaft verliert an Vitalität und Kreativität.


Geburtenmangel – Fachkräftemangel – sinkende Wirtschaftsleistung – Wohlstandsverlust.

Dies könnten die vorgegebenen Etappen eines Landes mit 50 Jahren Geburtenschwund sein, - vorausgesetzt dessen Gesellschaft beschließt, weiter auf unkontrollierte Migration und fehlenden Nachwuchs zu setzen. Deutschland ist - um einer Zukunft mit Kindern willen - gut beraten, ähnlich wie andere europäische Länder eine Zeitenwende einzuläuten. Diese besteht darin, dass die Politik die Bedingungen für eine gelingende Integration festschreibt und diese durchzusetzt. Ferner führt kein Weg dabei vorbei, dass Deutschland als Einwanderungsland eine gesteuerte Einwanderung betreibt.


Der Ampelkoalition wird ein Kraftakt abverlangt, sich von der Dekonstruktion der Familie in einer Genderwelt zu verabschieden. Sie ist aufgefordert, wieder Familie im Sinne des Artikel 6 GG gerecht werden, wo es heißt: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung“, was als Postulat an die Gesellschaft zu verstehen ist, auch deshalb, weil aus ihrer Mitte Kinder hervorgehen.

Der Bevölkerungsforscher Herwig Birg lässt uns wissen, dass selbst wenn die Politik beginnt gegenzusteuern, der Bremsweg Jahrzehnte dauern würde. Ungarns geburtenorientierte Familienpolitik, der es gelang, schon in acht Jahren die Geburtenrate von 1,23 auf 1,49 anzuheben, könnte uns ein Vorbild sein. Übrigens: „Die Zukunft des Landes hängt nicht von der Zahl der Kraftwagen ab, sondern von der Anzahlt der Kinderwagen“ Kardinal Frings











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