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Stiftung Familienwerte

Fachkräftemangel und kein Ende

Der Ausnahmezustand in Kitas ist das Ergebnis einer verfehlten Familienpolitik


Autor Karl-Heinz van Lier


Krippen und Kitas haben ihre Leistungsgrenze erreicht. Wer heute Lösungsansätze sucht, muss wissen, dass der zugrunde liegende Fachkräftemangel das Ergebnis eines 50 Jahre lang von der Familienpolitik ignorierten Geburtenmangels ist. Dies ist der Grund, warum sich der Personalmangel zu einer Monsterwelle ausweitet, der fast ausnahmslos alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens erreichen wird. Die Politik, die diese Fehlentwicklung hingenommen, ja sogar beschönigt hat, negiert bis heute deren schwerwiegende Folgen. Deshalb fehlt auch jeder Schritt in Richtung einer nachhaltigen Exit-Strategie. Die Kita-Betreuung als Teil des vorsorgenden Sozialstaats ist bereits im Notstandsmodus angelangt. Die Politik, die Träger von Krippen sowie die Eltern müssen über alternative Betreuungsformen nachdenken.


Der Betreuungsstaat ist immer noch auf Expansionskurs


Der wachsende Mangel an Fachkräften hat sich schon über viele Jahre im Bereich der Pflege angekündigt, erstreckt sich inzwischen auf Wirtschaft, Schulen, auf das Gesundheitswesen bis hin zu den Krippen und Kitas. Hier hat sich die Lage zugespitzt, weil von staatlicher Seite der Fachkräftemangel als ein dauerhaftes strukturelles Problem unberücksichtigt blieb. Vielmehr wurde vollmundig das Betreuungsangebot für die Allerkleinsten ausgeweitet. Das Bundesamt für Arbeit hätte schon von Jahren die Träger von Kitas und die Politik auf die drohende Zunahme von personellen Engpässen hinweisen müssen und hätte hinzufügen müssen, dass sich in den kommenden Jahren vier bis fünf Mio. Babyboomer in den Ruhestand verabschieden werden, was auch im Betreuungssektor zu einer weiteren Zuspitzung führen wird.


Ungeachtet dessen verfolgte das Bundesfamilienministerium das personell aufwendige Ziel der Ausweitung des Betreuungsangebots. 2019 finanzierte es das 5,5 Mrd.-Paket – genannt das Gute-Kita-Gesetz -, dem jetzt ein hoch dotiertes Qualitätsgesetz folgen soll. Diesen Geldsegen nutzten mehrere Bundesländer, eine kostenlose Kita-Betreuung anzubieten. ein Umstand, der das Familienministerium triumphieren lässt: „künftig haben 1,2 Mio. Kinder Anspruch auf eine beitragsfreie Kitazeit“. Und diese natürlich ganztags und mit Rechtsanspruch versehen, denn auch das gehört zur Zielsetzung der Bundesregierung, nämlich mehr Mütter auf dem Arbeitsmarkt zu beschäftigen.


Doch die Rechnung ist ohne den Wirt gemacht…


weil die Nachfrage nach Krippenplätzen rasant steigt, ohne dass eine ausreichende Zahl an Erzieherinnen verfügbar wäre. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung fehlen bis 2023 384.000 Kitaplätze. Allein, um diese Nachfrage zu befriedigen, bedürfte es - so die Bertelsmann Stiftung – knapp 100.000 Fachkräfte, bei dem empfohlenen Personalschlüssel, fehlten sogar zusätzliche 300.000.


Doch der Arbeitsmarkt im Betreuungssektor ist leergefegt! Gleichwohl hat die Erkenntnis über dieses gravierende strukturelle Problem bei den verantwortlichen Behörden und der Politik noch kein Umdenken über das bestehende Betreuungskonzept ausgelöst. Und dies, trotz einer Vielzahl alarmierender Meldungen.

So können einer NDR-Umfrage vom Oktober 2022 bei der Landeskirche Hannover zufolge, 75 Prozent der Kitas in Niedersachsen aufgrund des aktuellen Fachkräftemangels Stellen nicht besetzt werden, mit der Folge, dass zwei von drei Einrichtungen mindestens tageweise die Gruppen schließen müssen. Die Hälfte der befragten Kitas der Landeskirche Hannover muss die Kernbetreuungszeiten kürzen. Zeitungsüberschriften aus Berlin wie „Kitas dem Kollaps nahe. Eltern schlagen Alarm“ oder „Kitas vor dem Ausnahmezustand“ sollten die Behörden aufschrecken lassen. Baden-Württemberg macht Abstriche bei den Standards der Betreuung, wo das Kultusministerium zwei Kinder pro Erzieherin mehr erlaubt.


Finanzielle Anreize schaffen keine Erzieherinnen


Vor dem Hintergrund, einer deutschlandweit grassierenden chronischen Personalunterversorgung aller betreuungsrelevanten Dienststellen klingen denn auch

die gebetsmühlenartig wiederholten Forderungen der Medien wie auch der Gewerkschaften nach Aufwertung des Erzieherberufs und besserer Bezahlung seltsam weltfremd. Das mag aus der Sicht des hohen Anforderungsprofils durchaus berechtigt sein, wird aber kaum zu einem nennenswerten Zulauf an neuem Personal führen.


Fachkräfte aus dem Ausland abwerben?


Und natürlich wird der Ruf nach ausländischen Fachkräfte – vorzugsweise aus osteuropäischen Ländern – lauter. Wobei der moralische Einwand, Deutschland würde damit Neokolonialismus betreiben, nicht von der Hand zu weisen ist. Denn tatsächlich leiden diese Länder, die gleichermaßen von den Folgen einer demographischen Schieflage betroffen sind, selbst unter einem Mangel gut ausgebildeter Fachkräfte, die wir ihnen – weil wir bessere Löhne bezahlen können – nun abwerben. Gleiches gilt auch für Spanien, das eine der niedrigsten Geburtenrate Europas aufweist, uns aber aus der Misere helfen soll.

Allenfalls der Einsatz von Ukrainerinnen, die sich kriegsbedingt hier in Deutschland befinden und die in hohem Maße motiviert sind, Deutsch zu lernen, kommt mittelfristig nach einer entsprechenden Einarbeitung als Erzieherinnen bzw. als Assistentinnen in Frage.


Den Betreuungsnotstand weiter verwalten?


Dies kann aus der Sicht aller Betroffenen keine Handlungsoption sein. Vielmehr muss das strukturelle Problem des Personalmangels als ein dauerhaftes begriffen werden. Es kann also nicht darum gehen, den Notstand weiter zu verwalten oder gar eine Ausweitung der Fremdbetreuung hinzunehmen. Vielmehr muss sich die personelle Ausstattung der Krippen an den Erfordernissen einer am Kindeswohl ausgerichteten Betreuung orientieren. Ein `Weiter so´ der insgesamt überforderten Kita-Betreuung, so wie dies die Agenda des Familienministeriums vorsieht, zeigt einmal mehr eine ideologisch fixierte Politikgestaltung, die die Fehlentwicklungen eines von ihr präferierten Betreuungsmodells negiert, das sich dadurch auszeichnet, dass es ausschließlich Fremdbetreuung, nicht aber die elterliche Betreuung finanziert. Damit verstößt es gegen die Wahlfreiheit der Eltern, die mit ihren Steuern das staatliche Betreuungsmodell mitfinanzieren, aber bei eigener Erziehungsleistung Lohnverzicht hinnehmen müssen.


Eine Alternative zur Krippenpolitik ist längst überfällig!


Angesichts eines desolaten Krippen-Betreuungssystems, das für die Allerkleinsten eine hohe Stressbelastung darstellt, - was in dieser vulnerablen Entwicklungsphase ein hohes Risiko bedeutet -, sollte der Gesetzgeber die echte Wahlfreiheit für alle Eltern, die ihre eigenen unter drei Jahre alten Kinder selbst betreuen wollen, gesetzlich festschreiben, einschließlich einer adäquaten Honorierung der elterlichen Betreuungsleistung. Dies wäre eine Win-Win-Lösung: Die Krippen würden personell entlastet und Eltern bekämen Wahlfreiheit.

Die Kinder könnten stressfrei zuhause betreut werden und zudem würden die Kosten für die Fremdbetreuung geringer ausfallen.


Da von den Bundes- und Landesbehörden sowie von den Trägern der Betreuung kurzfristig kaum effiziente Maßnahmen zur Entspannung der Krippenbetreuung zu erwarten sind und die Entwicklung einer sicheren Bindung beim Kleinkind von staatlicher Stelle ohnehin weniger Bedeutung beigemessen wird, ist den jungen Eltern zu empfehlen, die Delegation der Verantwortung an die Krippe rückgängig zu machen und die Betreuung der eigenen Kinder selbst in die Hand zu nehmen…und einen entsprechenden finanziellen Ausgleich dafür zu fordern.


Die neue selbst organisierte Kinderbetreuung als Zeitenwende zugunsten des Kindeswohles.


Sie würde für die zukünftigen Eltern den Abschied vom Rund-um-Betreuungspaket des vorsorgenden Sozialstaatssystems bedeuten, das Eltern bisher ausgestattet hat mit einem bequemen Automatismus und dem eingebauten Rechtsanspruch, schon vor der Geburt des Kindes einen Krippenplatz ab dem ersten Lebensjahr zugewiesen zu bekommen, einschließlich kostenloser Mittagsverköstigung und Ganztagsbetreuung, inklusive Zusicherung eines weiteren Sorglospakets für den Besuch der ganztagsbetreuten Grundschule. Doch diese Ära einer personalintensiven Bürger- und Kinderbetreuung neigt sich sichtbar dem Ende zu.

Andere Bereiche, wie z.B. das Gesundheitswesen haben bereits der Not gehorchend schmerzliche Einschnitte in der medizinischen Grundversorgung vorgenommen, um das System als solches am Leben zu erhalten.


In der Kinderbetreuung wird es mittelfristig eine Renaissance hin zum Subsidiaritätsprinzip geben müssen, die den Eltern mehr Selbstverantwortung und Selbstorganisation abverlangen wird. Dem Staat wird dagegen die Aufgabe zufallen, flankierende Maßnahmen z.B. im Bereich der Beratung, der Sprachfördermaßnahmen etc. zu finanzieren. Für diejenigen Problem-Familien, für deren Kinder eine Krippen- und Kita-Betreuung erforderlich ist, muss eine staatlich subventionierte Betreuung weiterhin aufrechterhalten werden.


Die Zahl der Eltern, die der Massenabfertigung der Kinder in Krippen und Kitas wegen die Betreuung ihrer Kinder selbst in die Hand nehmen, nimmt laut unterschiedlicher Medienberichten zu. Diesen Kindern kann man aus Sicht führender Psychiater und Psychotherapeuten nur gratulieren. Psychiater Hannsjörg Bachmann hat die immensen Folgekosten für die Gesellschaft ausgerechnet, die sich aufgrund der Schädigung der Kleinkinder wegen fehlender Bindung ergeben werden. Der von der FAZ darüber verfasster Artikel war zurecht überschrieben mit: „Ohne Liebe wird es teuer“.


















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