Wer als Politiker in Sonntagsreden davon spricht, dass Kinder Zukunft bedeuten, der sollte bei jahrzehntelangem massenhaften Geburtenmangel auch so ehrlich sein, über die selbst gesetzten Grenzen des Wachstums zu reden. Zielführender wäre, Gesetze zu verabschieden, die jungen Menschen Mut machen, eine Familie zu gründen.
Heute holt uns die normative Kraft des Faktischen mit einem stetig wachsenden Fachkräftemangel ein, und der Erkenntnis, dass es ohne eigene Kinder keine Zukunft gibt. Die CDU-Vorsitzende, Frau Kramp-Karrenhaus, hat unlängst beim Leipziger Bundesparteitag die Frage gestellt, warum es in Deutschland so wenige Kinder gibt. Man darf ihr unterstellen, dass sie weiß, dass der wachsende Fachkräftemangel das Mega-Thema dieses Jahrzehnts sein wird, zumal er schon heute die Grenze des Wirtschaftswachstums aufzeigt. Vom folgenden Wohlstandverlust ganz zu schweigen.
Und tatsächlich stehen die Zeichen auf dem Arbeitsmarkt längst auf Sturm. "Wir verlieren ein Stück Zukunft in Deutschland, wenn wir den Sanierungsfall öffentlicher Dienst nicht zukunftsfest machen" (FAZ 7.1.2020), sagte der Vorsitzende des Beamtenbundes in Deutschland, Ulrich Silberbach, bezogen auf den Personalmangel: Aktuell fehlen nach seiner Aussage 300.000 Lehrer, Sicherheitskräfte etc.
Andere Dienstleister, aber auch die Wirtschaft sehen bereits die Umrisse der Wand, auf die wir zusteuern. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, sagte jüngst vor dem Fachkräfte-Einwanderungsgipfel, dass der Fachkräftemangel noch deutlich spürbarer werden wird. "Die Demografie schlägt jetzt voll zu. Wir haben im Jahr 2020 praktisch keine Steigerung des Erwerbspersonenpotentials mehr - trotz einer erwarteten Zuwanderung von rund 230.000 Menschen". (FAZ 16.12.2019). Ist es ein Zeichen von Selbsttäuschung oder Verdrängung, dass bisher kein Politiker das nachhaltige Thema des Geburtenmangels aufgegriffen hat? Oder vertraut die Politik wider besseres Wissen weiter auf massenhafte risikobehafteten Personalaufstockung aus dem Ausland?
Der demografische Wandel, der uns jetzt den Arbeitsmarkt leerfegt, trifft uns auch deshalb so stark, weil der vorsorgende Sozialstaat in den vergangenen Jahren sukzessive aufgestockt wurde, ohne an eine ausreichende Personalausstattung gedacht zu haben.
Die fehlende Weitsicht der Politik führt heute zu unverantwortlichen Engpässen auch dort, wo es um die Entwicklung von Humanvermögen geht, in den Kindertagesstätten. Hier wird ein Umdenken vonnöten sein, Wege zu finden, die die Gewährleistung einer sicheren Bindung ermöglichen können. Das können u.a. Tagesmütter, eine familiennahe Betreuung in Unternehmen oder die Einführung einer echten Wahlfreiheit für die Eltern sein.
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